Das „Turboloch“

1         Fehler: Leistungsverlust bis 2.300 Umin / „Turboloch“

Dieser Fehler ist einer häufigsten Probleme des M57 Motors und hängt mit der Steuerung der VTG-Verstellung des Turboladers (Variable Turbinen Geometrie) zusammen. Die Fehlersuche dieses Abschnittes setzt voraus: kein Leistungsverlust über 2.300 U/min. Andernfalls unter  Fehler:  allgemeiner Leistungsverlust suchen.

Folgende Schritte sollten in dieser Reihenfolge überprüft werden:

  1. Fehlerspeicherauslesen (z.B. zu niedriger Ladedruck / positive Regelabweichung)
  2. Luftfilterüberprüfen und ggfs. erneuern
  3. Überprüfung der VTG-Verstellung
  4. Prüfen, ob min. 650 mbar ständig im Unterdrucksystem herrschen
    1. Unterdruck-System komplett überprüfen und ggfs. Schläuche, Druckspeicher und Stellglieder auswechseln.
  5. Turbo-Dichtung überprüfen und ggfs erneuern und mit Schelle versehen
  6. Überprüfung der kompletten Luftführung auf Dichtigkeit und Durchlässigkeit
  7. Luftmassenmesser überprüfen

1.1       Fehlersuche

Die Fehlersuche sollte in dieser Reihenfolge durchgeführt werden:

1.1.1         Fehlerspeicher auslesen / Sensorwerte überprüfen

Der Fehlerspeicher wird in den meisten Fällen einen Eintrag im  DDE Steuergerät haben.
Positive Regelabweichung / zu geringer Ladedruck
 bei 1000 – 2000 U/min

Ladeluft:

  • Unterschied von SOLL und IST Ladedruck bei Drehzahlen unter 2.300 U/Min und hohem Wunsch-Drehmoment nicht über 50 – 100 mbar

Gemessen wird unter Last und

  1. bei Drehzahlen zwischen 780 und 2.200 U/Min und
  2. bei Drehzahlen zwischen 3.000 und 4.500 U/Min.

Der IST- und SOLL-Ladedruck darf nicht mehr als 100 mbar voneinander abweichen.

Der Ladedruck-Sensor kann nach „4.5 Ladedrucksensor prüfen“ überprüft werden.

Diesel-Versorgung:

  • Vorförderdruckca 3,5 – max 4,5 bar
  • Raildruck im Leerlauf min 250 bar
  • Raildruck unter Volllast ca 1350 / 1600bar (M57  oder M57TU / TU2)

1.1.2         VTG-Verstellung überprüfen

Die Verstellung der Turbinen Geometrie kann man an der Bewegung der Regelstange am Turbolader gut erkennen.

  • Motor starten
  • Bei Motorstart muss die Regelstange ca 10 mm hineinfahren
  • Drehzahl bis 3000 U/min erhöhen
  • Die Regelstange muss jetzt wieder herausfahren

Damit ist zunächst die Funktion des Druckregelventils überprüft und ebenso ein erster Test, ob der notwendige Unterdruck anliegt.

Falls diese Regelstange sich nicht bewegt, wird das Druckregelventil überprüft:

  • Mittels einer Widerstandsmessung am Ventil. Der Wert sollte zwischen 10 und 30 Ohm betragen.
    Falls größer oder kleiner: Erneuern des Druckregelventil
  • Bei Motorstart müssen am Stecker 12 V anliegen.
    Falls nicht, Überprüfen der Verkabelung des Druckregelventil

1.1.3         Unterdruck Prüfen

Im gesamten System müssen ständig  mindestens 650 mbar herrschen.  Unterdruck-System komplett überprüfen und ggfs. Schläuche, Druckspeicher und Stellglieder auswechseln. Ein starkes Rußen ist mit ein Indiz für Fehler im Unterdruck-System.

  • Rissige/poröse Unterdruck-Schläuche (hier penibel überprüfen, am besten bei Zweifeln komplett erneuern; max. Kosten 50-70€ inkl. des T-Stücks und der Anschlüsse für Motorlager)
  • Unterdruckverteilerrohr verschmutz/ undicht oder innerlich zerbrochen
  • Unterdruckpumpenleistung zu niedrig (konstant mindestens 600-650mbar)
  • Komponenten undicht (z.B. Motorlager, BKV)

Wichtig ist vor allem, dass der Unterdruck konstant gehalten wird und nicht durch ein Luftleck im Unterdrucksystem beeinträchtigt wird. Außer einem Luftleck in den Systemkomponenten kann eine defekte Vakuumpumpe das System unterversorgen oder falsch angeschlossene Druckwandler/ U-Druck Regelventile verhindern die komplette Funktion. Auswirkungen sind sporadische Fehlfunktionen der Systemkomponenten wie z.B. des Turboladers, Motorlager, AGR.

Die Vakuumpumpe saugt Luft an und bläst diese in das Kurbelgehäuse, diese wird gefiltert bevor in das System kommt. Dies geschieht innerhalb des Bremskraftverstärkers. Wie jeder Luftfilter lässt auch dieser abhängig von den Luftverhältnissen und seinem Alter eine immer kleinere Luftmasse durch. Folgen sind Störungen im Unterdrucksystem welches bei Dieselmotoren maßgeblich an der Gemischbildung beteiligt ist.
Ebenfalls können die O-Ringe im Inneren der Vakuumpumpe undicht werden.

Abb. 10 – Unterdruck-Testgerät

Man kann solche Defekte mittels Vakuumprüfer herausfinden

Eine erste Prüfung kann man mittels dieser Unterdruck-Pistole durchführen. Dabei verlängert man den Schlauch zwischen Vakuumprüfer und T-Stück, legt den Prüfer ins Fahrzeuginnere (dabei auf eine möglichst kurze Schlauchlänge achten!) und fährt los. Während der Fahrt kann man die Leistung des Systems unter voller Last prüfen. Dann werden nämlich alle Druckregelventile angesteuert und diese müssen natürlich mit Unterdruck versorgt werden. Stellt man dabei fest, dass der Unterdruck starken Schwankungen unterliegt sollten zunächst die kompletten Schläuche überprüft und ggfs. erneuert werden. Unter Fehlersuche Unterdruck-System ist ein gesonderter Fehlersuchbaum für das Unterdruck-System vorhanden.

1.1.4         Austausch und Prüfung der weiteren Elemente im Unterdrucksystem

Danach ist der Unter-Druckspeicher am Turbo zu überprüfen und ggfs. zu erneuern. Dieser kann gerissen sein.

Dann Überprüfung und Reinigung der Haupt-Unterdruckleitung von der Vakuumpumpe bis zum 4-fach Verteiler (Rail).

Zuletzt sollten die Druckregelventile und die Stellglieder überprüft werden. Dabei können die Leitungen vor  und nach den Druckregelventilen einzeln abgeklemmt werden um den undichten Strang zu identifizieren.

Wichtig ist, nicht einfach Schläuche abstecken, damit wird das gesamte System undicht. Falls einzelne Stellglieder/Druckwandler überprüft werden sollen. Motor aus, dann Schlauch abstecken, wieder aufstecken und dann abklemmen.

Die Druckregelventile müssen ohne Spannung dicht sein – ggfs ohne Stellglieder testen. Die Unterdruck-Dosen (Stellglieder) müssen den U-Druck für min. 5 Min. halten.

  • VTG-Verstellung Turbo
  • AGR-Ventil
  • Motorlager
  • Drallklappen

Spezieller Hinweis für Motorlager: Diese unterliegen einer relativ hohen Belastung und können an den kleinen Winkelstücken und/oder T-Stück undicht werden. Auch die Bohrung im Gummi kann hart und damit undicht werden. Hier kann man sich ggfs. mit einem Gummi-Dichtmittel behelfen. Ratsam wäre jedoch der Austausch der Lager, wenn diese offensichtlich in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Die Stellglieder: VTG, AGR und Drallklappen bestehen aus Unterdruckdosen, welche dann die entsprechende Mechanik bewegen. Diese Unterdruckdosen haben eine Membrane, welche sich im Laufe der Zeit verhärten oder undicht werden kann. Dann ist die Funktion nicht mehr gewährleistet und das System wird dadurch ggfs. undicht. Hier ist keine Reparatur möglich, es hilft nur der Austausch der Unterdruckdosen.

Die Stellglieder Motorlager sind Unterdruckdose und Stellglied in einem.

Motorlager:
0V = Ventil ist dicht ⇒ Motorlager sind hart/ das Ventil gibt normalen Luftdruck durch einen Filter in die Motorlager, diese werden dadurch hart.
12V = Ventil ist offen ⇒ Motorlager sind weich / Das Ventil schaltet von normalen Luftdruck auf Unterdruck um und entzieht den Lagern die Luft, diese werden weich.

AGR:
0V = Ventil ist dicht ⇒ Die Unterdruckdose sind entspannt ⇒ AGR ist zu,
12V = Ventil ist offen ⇒ Die Unterdruckdose sind gespannt ⇒ AGR ist offen
Hier ist die U-Druckdose und Stellglied (das AGR-Ventil selbst) getrennt.

VTG :
0V = Ventil ist dicht ⇒ Die Unterdruckdose sind entspannt ⇒ VTG ist auf „Hochdrehzahl“ = VTG ist ausgefahren
12V = Ventil ist offen ⇒ Die Unterdruckdose sind gespannt ⇒ VTG ist auf „Niedrig-Drehzahl“ = VTG ist eingefahren
Hier ist die U-Druckdose und Stellglied (die VTG-Mechanik) getrennt.

Die Druckwandler für VTG, Drallklappen und AGR sind baugleich, das Ventil für Motorlager hat einen ByPass.

Falls Unterdruck-Schläuche schon einmal getauscht wurden, sind Fälle bekannt, in denen die Schläuche falsch am Druckwandler/ U-Druckventil angeschlossen wurden.

Abb. 11 Anschluss U-Druck Regelventil

Der rechte Anschluß geht in Richtung Vakuumpumpe/U-Druckspeicher und ist mit vac bezeichnet.

Der linke Anschluß geht in Richtung U-Druckdose/Stellglied und ist mit out gekennzeichet.

 Die ausführliche Beschreiung und Details zur Fehlersuche sind im Kapitel Unterdruck-System beschrieben.

Sollten diese Stränge alle ausgeschlossen werden können und trotzdem ein Unterdruckverlust vorhanden sein, liegt der Fehler am

  • Bremskraftverstärker ⇒ austauschen; Prüfen, ob unterhalb vermehrt Roststellen sichtbar sind. Da liegt die Ursache in einem verstopfen Abfluss des BKV-Kastens (Siehe Threads: Laub im BKV-Kasten). Bei einem Diesel besteht zwar nicht die Gefahr eines „Wasserschlags“, aber es kann dann Wasser in das Unterdrucksystem und – durch die Unterdruckpumpe – in das Motoröl gelangen. Das ist auch die Ursache von einer verstopfen Unterdruck-Dose (1.11 Sonderfall: Verstopfter Anschluss an der Unterdruck-Dose)
  • einer defekten Vakuumpumpe.
    ⇒ Prüfen und ggfs. Austausch der O-Ringe in der Pumpe
    ⇒ ersetzen

1.1.5         Luftmassenmesser überprüfen

Der Luftmassenmesser befindet sich oben gleich nach dem Luftfilter. Vorzugsweise ist ein Tausch mit einem LMM aus einem Fahrzeug mit guten Leistungen vorzunehmen, andernfalls kann ein Fehler am LMM näherungsweise diagnostiziert werden. Ansonsten liegt für einen defekten LMM kein Eintrag im Fehlerspeicher vor.

  1. Die vordere Abdeckung abschrauben
  2. LMM tauschen
  3. Probefahren

Alternativ

  1. LMM abstecken
  2. Probefahren

Stellt man bei dem alternativen Test fest, dass sich das Fahrverhalten nicht verschlechtert (oder sogar noch verbessert!), ist von einem defekten LMM auszugehen.
⇒ In diesem Fall ersetzen. Ein Reinigen wird nicht den gewünschten Erfolg bringen. Ersatz bitte AUSSCHLIESSLICH durch Bosch, Siemens oder Pierburg LMM; diese gibt es als komplette Einheit bereits in der Luftleitung verbaut oder als einzelne Sensoren. Diese sind mit einem TORX-BO Bit (mit Bohrung) zu lösen. Nach dem Tausch sollten die Adaptionswerte in der DDE gelöscht werden.

1.1.6         Überprüfen des VTG-Gestänges am Turbo

Die VTG-Verstellung kann im Turbolader fehlerhaft sein.

  • Wenn das Unterdrucksystem den Mindest-Unterdruck von ständig 600-650 mbar hält und alle Druckregelventile korrekt arbeiten und die Regelstange sich trotzdem nicht bewegt:
    ⇒ VTG-Verstellung blockiert ⇒ Gestänge gängig machen ggfs. Turbo tauschen
    ⇒ Unterdruck-Membrane am Turbo defekt  ⇒ Austauschen
    Die Unterdruck-Membrane ist bei BMW nicht einzeln erhältlich, sehr wohl aber bei Turbo-Instandsetzungsbetrieben.
  • Die Unterdruckdose hält den Unterdrucknicht (leichtes Leck)
    ⇒ Mit dem Unterdruck-Prüfgerät 600 mbar Unterdruck erzeugen und testen, ob dieser auch gehalten wird.
    Falls Druckabfall, Unterdruck-Dose ersetzen (von einem Turbo-Instandsetzer)  und neu justieren.
  • Die Regelung – obwohl äußerlich in Ordnung – wird nicht auf die Schaufel-Geometrie übertragen.
    ⇒ VTG-Verstellung im Turbo blockiert (Verkokung) oder gebrochen
    Von Aussen nicht , bzw. indizienhaft diagnostizierbar
    Stimmt dann noch ab ca. 2.300 1/min der SOLL-Ladedruck einigermaßen mit dem IST-Ladedruck überein, (und gibt es je nach Drehmoment-Wunsch auch einen Punkt über 2.300 1/min, der genau übereinstimmt), weicht er unter 2.300 1/min jedoch stark ab (mehr als 200 mbar zu wenig), kann man eine fehlerhafte VTG Verstellung innerhalb des  Turbo vermuten.
    ⇒ Turbo muss ausgebaut werden; Unterdruck-Prüfgerät an die VTG-Unterdruckdose anschließen und Unterdruck erzeugen. Dann abgasseitig in den Turbolader leuchten. Dort kann man die Flügel der Verstellung erkennen. Diese müssen sich mittels Unterdruck verstellen und die Position sollte gehalten werden. Falls das nicht geschieht, die Regelstange an der U-Druck Dose sich aber bewegt, ist die Verstellung innerhalb des Turbos durch Verkokung blockiert oder defekt.

1.1.7      Turbo-Dichtung

Die Dichtung am Eingang zum Turbolader ist geändert worden und sollte überprüft und ggfs. erneuert werden. Außerdem sollte diese Dichtung  mit einer Schelle versehen werden. Das ist das Teil Nr. 7 (BMW Teile Nummer 13 71 7792090)

Abb. 12 Lage Turbodichtung

1.1.8         Überprüfung der kompletten Luftführung auf Dichtigkeit und Durchlässigkeit

Hier sind folgende Elemente zu überprüfen:

  • Ladeluftkühler(LLK):
    Der kann durch Öldämpfe verstopfen oder durch äußere Beschädigungen undicht sein. Ein dichter LLK mach sich neben fehlenden Ladedruck durch zu heißer Ladeluft und noch weiteren Leistungseinbruch bemerkbar.
  • AGR-Ventil:
    Das Ventil kann undicht in Richtung Abgasstrang sein oder durch Ölkohle verstopft
  • Luftsammler:
    Häufiger Fehler ist ein Riss/Bruch (meist an der Klebenaht), defekte Dichtungen in Richtung Einlasskanäle oder durch Ölkohle verstopft sein.
  • Der Abgasstrang nach dem Turbo kann im Vorkat (oder bei nach gerüsteten Dieselpartikelfilter) einen verengten Auspuffquerschnitt haben, etwa durch Teile eines zerbrochenen Kat-Teile, die sich ungünstig verklemmt haben.
    Der Abgasgegendruck steigt zu hoch und damit ist der Aufbau des Ladedrucks schwieriger.
    Weiterhin wird durch den gebremsten Gasmassendurchsatz auch der LMM-Wert zu niedrig ausfallen, was natürlich den ersten Verdacht auf den LMM lenkt. Bringt Reinigen bzw. ein Tausch bei normalem Ladedruck und intakter Spritzverstellung keinerlei Erfolg, so sollte der Auspuff auf Quetschstellen und besonders das Kat-Gehäuse auf Beulen usw. geprüft werden. Manchmal verraten sich Kat-Bruchstücke durch Klappergeräusche beim beherzten Klopfen an den Auspuff.
    Bei stark verengtem Auspuffquerschnitt können auch die normalen Pulsationen des Abgasstroms teilweise oder völlig fehlen, die man im Leerlauf z.B. an der Hand spüren kann, wenn man sie dicht hinter das Endrohr hält.
    (© Community.Dieselschrauber.de)

Weiteres siehe unter „Abgastrakt“

1.1.9         Prüfung /Reinigung/Austausch des Ladedruck-Sensor

Dieser Sensor geht selten defekt. Man kann diesen bei Verschmutzungen auch vorsichtig mittels Bremsenreiniger und leichter Druckluft reinigen.

Der Sensor ist mit einer 6er Schraube mit dem Luftsammler verschraubt und befindet sich zwischen Luftsammler und Spritzwand. Zum Ausbau muss der Luftsammler abgebaut werden. Eine einfache Prüfung kann wie folgt durchgeführt werden:

Mittels auslesen des Fehlerspeichers: Ist der Ladedruckfühler defekt, wird Fehler 0235, „Ladedruckfühler“ gespeichert. Die Folgen sind:

  • als Ersatzwert für die Vollastbegrenzung wird der Atmosphärendruck verwendet
  • die Einspritzmenge wird begrenzt
  • die Abgasrückführung wird abgeschaltet
  • die Ladedruckregelung wird abgeschaltet

Wenn dieser Sensor innen sehr verschmutzt ist, kann man eine Reinigung mittels Bremsenreiniger versuchen. Ansonsten hilft hier nur der Austausch.

Genaue Prüfanleitung ⇒ Siehe 4.5 Ladedrucksensor prüfen